Allgemeine Vorhabenbeschreibung

Bekanntmachung des Landratsamtes Sigmaringen über den Vollzug des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) – Feststellung der UVP-Pflicht –

Bekanntgabe des Ergebnisses der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 5 Abs. 2 UVPG
vom 27. Januar 2022, Az.: IV/41.1 Rebh

Gemeinde Sigmaringendorf, Hauptstraße 9, 72517 Sigmaringendorf auf den Grundstücken Flst. Nrn. 1357, 1358/1, 1277/3, 1421/3, Sigmaringendorf im Tobel oberhalb des Baugebiets Hüttenbergweg

Als Teil des Starkregenmanagements zur Minderung der Auswirkungen von Starkregen auf die Bevölkerung soll das Wohngebiet im Bereich Hüttenbergweg und Teile der Braunhaldenstraße vor den Überschwemmungen aus dem Tobel geschützt werden. Mit den Maßnahmen zur Errichtung eines Hochwasserschutzdammes kann der betroffene Bereich vor 40-jährlichen Hochwasserereignissen geschützt werden.

Folgende Maßnahmen sollen durchgeführt werden:

- Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens mit einem Gesamtstauraum von 2.180 m³ mit einem Erddamm als Absperrbauwerk mit einer Länge bis 50 m und einer Höhe von ca. 6,10 m und einer Abfangung mit Gabione und Absturzsicherung
- Einlaufbauwerk Grundablass mit räumlichem Rechen und Drosselschieber Betriebsauslass zur manuellen Notöffnung
- Überlaufschacht als Hochwasserentlastung 1
- Stauschild als Hochwasserentlastung 2
- Auslaufbauwerk mit Tosbecken
- gedrosselte Ableitung des zurückgehaltenen Wassers über einen Grundablass und anschließendem Ableitungskanal in den bestehenden Regenwasserkanal zur Lauchert
- Abgrabungen im Staubereich auf einer Fläche von ca. 640 m² mit einem Volumen von ca. 300 m³
- Ertüchtigung des bestehenden Maschinenwegs als Baustellenzufahrt mit Rückbau, dauerhafter Ausbau des vorhandenen Forstwegs als Baustellenzufahrt und zur Unterhaltung des Dammes
- Herstellung einer Treppe am Einlaufbauwerk
- Teilweise Zerstörung und Beeinträchtigung der vorhandenen Biotope Offenlandbiotop Nr. 179214375815 und Waldbiotop Nr. 279214371151 mit Entfernung von Bäumen und Feldgehölz mit Ausgleich durch Neupflanzung außerhalb des Plangebiets auf Flst. Nr. 1485/2, Sigmaringendorf 

Das Vorhaben fällt in den Anwendungsbereich des UVPG. Nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Ziffer 13.13 der Anlage 1 UVPG war eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles durchzuführen. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien durchgeführt. Gegenstand der Vorprüfung ist das Vorhaben, für das die Zulassung beantragt wird. Die UVP-Pflicht besteht, wenn das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann, die nach § 25 Abs. 2 UVPG bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.

Nach Einschätzung der Behörde hat das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen, die nach § 25 Abs. 2 UVPG zu berücksichtigen wären. Wesentliche Gründe für das Nichtbestehen der UVP-Pflicht sind:

- Der Tobel, in welchem sich die Wassermassen bei Starkregenereignissen von den oberhalb liegenden landwirtschaftlichen Flächen sammeln, reicht bis zu den Gärten der Anwohner. Im Gebiet, welches Teil des Naturparks „Obere Donau“ ist, gibt es keine öffentlich zugänglichen Wege, so dass der Nahbereich allenfalls dem näheren Umfeld bekannt ist. Durch die Baustelleinrichtung und die Baumaßnahmen mit Lärm und Erschütterung durch Maschinen und Baufahrzeuge sowie durch den Verkehr im Wohngebiet erfolgen Belästigungen für die Menschen im Umfeld. Bei den Bauarbeiten handelt es sich um vorübergehende Belästigungen, durch welche nicht mit erheblichen Auswirkungen auf Menschen insbesondere auf die menschliche Gesundheit zu rechnen ist. Anlagebedingte Auswirkungen der Errichtung eines ca. 6 m hohen Dammes ist die Sperrwirkung im Tobel mit seiner Sichtbarkeit im Landschaftsbild. Aufgrund der topographischen Lage und der umgebenden Gehölze ist das Vorhabengebiet nicht einsehbar und für die breite Bevölkerung nicht erschlossen. Die Sperrwirkung und Ansicht der baulichen Anlage im Tobel wirkt sich nicht erheblich auf das Schutzgut Mensch aus, da es sich nicht um einen Erholungsbereich handelt und durch Begrünung des Dammbauwerks ein Einfügen in die Landschaft erfolgt. Aufgrund der Hanglage sind Wald und Wiese nur eingeschränkt forst- und landwirtschaftlich nutzbar, der Wald und die Gehölze sind als Biotope ausgewiesen. Damit sind auch für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu erwarten. Die Anlage dient dem Schutz der Menschen vor Hochwassergefahren, so dass eine Verbesserung der bisherigen Situation eintritt.

- Das Niederschlagswasser, welches aus dem umliegenden Bereich über den Tobel zufließt, wird über den bestehenden Regenwasserkanal bereits zur Lauchert abgeleitet. Durch die Errichtung des Dammbauwerkes wird das Wasser gedrosselt und über das bisherige System der Lauchert zugeführt. Der vorhandene Graben, welcher bisher das Niederschlagswasser abführte, wird in das System integriert. Nachteilige Auswirkungen auf das Grabensystem sind nicht zu erwarten. Für die Lauchert und das dort ausgewiesene FFH-Gebiet „Gebiete um das Laucherttal“ sind keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen durch die Ableitung des Niederschlagswassers hinsichtlich der Wassermenge und der Güte zu erwarten. Durch die Installierung eines Geröllfangs und eines Absetzbeckens ist mit einer geringfügigen Verbesserung der Ableitung zu rechnen.
Durch die Bautätigkeit besteht die Gefahr des Eintrags von Stoffen über den Boden in das Grundwasser. Der Eintrag von Stoffen in das Grundwasser kann durch den sachgemäßen Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vermieden werden. Mit der Begrenzung der Baustelleneinrichtungsflächen auf ein Mindestmaß und Wiederherstellung der Flächen sowie der Sicherstellung des fachgerechten Umgangs mit dem Boden werden die Auswirkungen auf den Bodenwasserhaushalt minimiert. Bei der Infiltration des eingestauten Wassers in das Grundwasser wird aufgrund der Tiefe des Grundwassers und der Kürze der Einstaudauer nicht mit nachteiligen Auswirkungen gerechnet.

- Durch die notwendige Zufahrt, die Dammaufstandsfläche und die technischen Anlagen wird Wald-, Wiesen- und Gehölzfläche beansprucht. Der Flächenbedarf für die Baustelleneinrichtung ist nur vorübergehend, der Zufahrtsweg wird teilweise wieder zurückgebaut, der bisher unbefestigte Weg erhält eine wassergebundene Befestigung. Der Damm wird begrünt und damit eine Magerwiese entwickelt. Flächen mit technischen Anlagen werden dauerhaft versiegelt. Mit den Aufschüttungen und Abgrabungen wird in die Grünzäsur des Regionalplanes Bodensee-Oberschwaben eingegriffen. Die Beeinträchtigung der Fläche wird durch Vermeidungsmaßnahmen wie Begrenzung der Baustelleneinrichtungsflächen auf ein Mindestmaß und Wiederherstellung der Flächen sowie die Ansaat der neu profilierten Flächen minimiert. Die Inanspruchnahme von Fläche durch versiegelte Anlagen erfolgt im geringstmöglichen Ausmaß.

- Die Bodenfunktionen im Tobel sind als Ausgleichskörper im Wasserkreislauf mit „mittel“, als natürliche Bodenfruchtbarkeit ebenfalls mit „mittel“ und als Filter und Puffer für Schadstoffe mit „hoch“ bewertet. Es wird keine hohe oder sehr hohe Bewertung als Standort für natürliche Vegetation erreicht. Von Vorbelastungen des Bodens durch Verdichtung / Befahren auf dem vorhandenen Rückeweg ist auszugehen. Der Boden im Bereich der Maßnahmen wird durch Abgrabungen, Aufschüttungen sowie Teil- und Vollversiegelungen in Anspruch genommen. Durch eine Begrenzung der Baustelleneinrichtungsflächen auf ein Mindestmaß und Wiederherstellung der Flächen werden längerfristige Beeinträchtigungen des Bodens vermieden. Das Bodenschutzkonzept enthält detaillierte Maßnahmen zur Sicherstellung des fachgerechten Umgangs mit dem Boden und zum weitgehenden Erhalt der Bodenfunktionen, so dass die Auswirkungen auf das Schutzgut Boden minimiert werden.

- Das Vorhaben befindet sich im Bereich einer Fettwiese (Talsohle) und an den Hängen befinden sich Feldgehölze und Bäume wie z.B. Eichen, unterhalb befindet sich eine Streuobstwiese. Durch die Baumaßnahmen und dem Standort des Vorhabens sind folgende Biotope direkt betroffen: Offenlandbiotop „Feldgehölze und Feldhecken im Gew. Sturren am Nordrand von Sigmaringendorf“ und das teilweise überlagerte Waldbiotop „Feldgehölze N Sigmaringendorf“. Ein kleiner Teil der Biotope befindet sich außerdem im Fachplan Landesweiter Biotopverbund. Insgesamt werden, aufgrund der geplanten Zufahrten und der Anlagen, 550 m² des im betroffenen Bereich ca. 8.800 m² großen geschützten Biotops entfernt. Dies ist mit Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen nur teilweise abzumildern, so dass Kompensationsmaßnahmen notwendig werden. Bei dem Eingriff in die Biotope handelt es sich um einen relativ geringen Flächenverlust von ca. 6 %. Der Großteil des Biotops bleibt erhalten, ebenso die Durchgängigkeit des Verbunds. Auch mit diesem Verlust ist nicht mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu rechnen. Dies wird von der artenschutzrechtlichen Untersuchung gestützt, die zeigt, dass keine planungsrelevanten Vogelarten im Feldgehölz vorkommen, welche durch die Umsetzung des Vorhabens erheblich gestört werden. Das Biotop kann seine Funktion als Leitlinie, als Lebensraum und als Jagdgebiet weiterhin erfüllen. Durch den Einstau des Bauwerks können Randbereiche des Biotops dem Stauwasser ausgesetzt sein, aufgrund der kurzen Dauer mit wenigen Stunden, ist nicht mit erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu rechnen. Auch ist nicht mit dem Verlust biologischer Vielfalt zu rechnen. Die Eingriffe ins Grünland sind nur temporär, da das Grünland nach Beendigung der Maßnahmen wieder entwickelt wird. Zur Begrünung der Flächen wird ausschließlich gebietsheimisches Saatgut verwendet. Die Gehölzrodungen betreffen nur einen Teil des Feldgehölzes. Es ist davon auszugehen, dass auch nach Umsetzung des Vorhabens noch genügend Gehölzstrukturen im Gebiet zur Verfügung stehen. Zudem wird ein neues Feldgehölz angelegt, welches mittelfristig die Funktion des entfallenden Feldgehölzes übernimmt.

- Mit der Inanspruchnahme der Flächen für die Baustelleneinrichtungen und der Baumaßnahmen erfolgen durch die Bautätigkeit Lärm und Erschütterung durch Baufahrzeuge und Maschinen sowie akustische und optische Störungen von Tieren. Einzelne Gehölze werden entfernt und Teile des Lebensraumes beeinträchtigt.
Durch das Dammbaubauwerk erfolgt eine Sperrwirkung des bisher durchgängigen Tobels. Auch durch den Betrieb der Hochwasserschutzanlage mit dem Einstauereignis erfolgt eine temporäre Beeinträchtigung von Tieren und eine Überflutung von Wiese und Gehölz. Durch Abgrabungen und Aufschüttungen mit Voll- und Teilversiegelungen erfolgt ein Verlust von Lebensraum. Im Projektgebiet und auf den benachbarten Flächen wurden Brutreviere, Nahrungsgäste oder angrenzende Brutreviere von Vögeln wie Feldlerche, Feldsperling, Goldammer, Haussperling, Mehlschwalbe, Rauchschwalbe und Rotmilan sowie Turmfalken festgestellt. Trotz Eignung des Gebietes konnten weder Haselmäuse noch Reptilien ermittelt werden. Fledermäuse sind hingegen im Bereich heimisch, darunter Arten der Roten Liste B.-W. und des FFH-Anhangs IV wie Brandtfledermaus, Braunes Langohr, Graues Langohr, Großer Abendsegler, Kleine Bartfledermaus, Kleiner Abendsegler, Mausohren, Wasserfledermaus, Zweifarbfledermaus und Zwergfledermaus. Darüber hinaus konnten Siebenschläfer und Hornissen im Bereich der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen festgestellt werden. Die Tiere werden vorübergehend durch die Bauarbeiten beeinträchtigt. Nach Abschluss der Bauarbeiten stehen die Habitate wieder zur Verfügung, auch die Leitstruktur des Feldgehölzes für Fledermäuse bleibt erhalten. Durch Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen wie z.B. Rodung außerhalb der Vogelbrutzeit, Erhalt von Einzelbäumen, Einsatz als Totholz- und Höhlenbäume und Schutz von Gehölz zum Erhalt von Lebensräumen für Tiere wird sichergestellt, dass die Beeinträchtigung der Tiere auf ein Minimum reduziert wird. Durch den Einstau des Beckens ist nicht mit nachhaltigen Auswirkungen auf Tiere und die betroffenen Gehölze und die Wiese zu rechnen, da das Wasser innerhalb kurzer Zeit wieder abfließt.

- Über den Tobel werden starke Hangabwinde in den Siedlungsbereich von Sigmaringendorf geführt, außerdem wirkt er als Konzentrations- und Abflussfläche für Starkregen im Bereich der oberhalb liegenden Ackerflächen. Durch den Damm erfolgt eine Riegelwirkung für den Kaltabfluss. Aufgrund der Höhe des Dammes mit ca. 6 m ist nicht mit erheblichen Veränderungen der lokalen Strömungsverhältnisse zu rechnen. Ebenso wird durch die Rodung vom Bäumen und Gehölz kein nennenswerter Einfluss auf die Hangabwinde erwartet, die Vorgabe zum Erhalt von Einzelbäumen und Einsatz als Totholz- und Höhlenbäume kann diese Auswirkung zusätzlich minimieren. Der Hochwasserdamm reduziert die Gefahren von Klimawandelfolgen in Form von Überschwemmungen im nachgelagerten Siedlungsbereich.

- Nachteilige Auswirkungen auf das kulturelle Erbe sind nicht zu erwarten.

Die bisher eingegangenen Stellungnahmen der ergaben keine grundsätzlichen Bedenken.

Entsprechend führte die Einzelfallprüfung nach § 7 Abs. 1 und 4 bis 7 UVPG zu dem Ergebnis, dass für das Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des UVPG durchzuführen ist. Diese Feststellung ist gemäß § 5 Abs. 2 UVPG bekannt zu geben und nach § 5 Abs. 3 Satz 1 UVPG nicht selbstständig anfechtbar.

Sigmaringen, den 27. Januar 2022
Landratsamt/Fachbereich Umwelt- und Arbeitsschutz

gez. Schiefer

UVP-Kategorie

Wasserwirtschaftliche Vorhaben

Raumbezug

Adressen

Baden-Württemberg

Ansprechpartner

Regierungspräsidium Tübingen
LRA Sigmaringen

Leopoldstraße 4
72488 Sigmaringen
Baden-Württemberg
Deutschland

E-Mail: info@lrasig.de
Telefon: 07571 102-0
Fax: 07571 102-1234
URL: https://www.landkreis-sigmaringen.de

Datum der Entscheidung

27.01.2022

Ergebnis der UVP-Vorprüfung

2022.01.27 Öffentliche Bekanntmachung UVP-Vorprüfung HWS Hüttenbergweg Sigmaringendorf ( 2022.01.27 Öffentliche Bekanntmachung UVP-Vorprüfung HWS Hüttenbergweg Sigmaringendorf.pdf )